Segelmacherei

Die Möven könnten gut einen Tropfen Öl vertragen, in Hamburg quietschen sie nicht so doll wie hier.

Den halben Vormittag habe ich damit verbracht Verstärkungen für Reffs zu schneiden, eine wahrhaft monotone Aufgabe bei der mein ganzes Leben an mir vorbei zieht, nein nicht ganz so schlimm, ich bin aber bemüht die Aufgabe möglichst schnell hinter mich zu bringen. Für die nächsten hundert Mini Segel wird meine Arbeit wohl reichen.

Jetzt geht es an die Reparatur meiner Fock, die bei dem Versuch zu Reffen zu lange im Wind geflattert hat, dabei haben sich Risse parallel zum Achterliek gebildet.

Julien meint das Dacron für Vorsegel ungeeignet ist, er hat recht wenn ich die vielen Knicke parallel zum Achterliek sehe könnte man sagen das Segel ist hin.

 Mit einer richtig guten Nähmaschine geht das ganz gut von der Hand, die Näherei nimmt aber den geringsten Teil der Arbeit ein, die meiste Zeit geht dafür drauf die Nähte aufzutrennen und die Vorbereitung zum nähen.

Bei meinem Großsegel werde ich ein Stück vom Vorliek ersetzen, denn der Druck auf der dritten Latte ist so hoch das der Keder durchgescheuert ist. Wie mir die Jungs erzählen bauen sie mittlerweile Minigroßsegel die im Topp fast 2 Meter weit ausgestellt sind, der Druck auf die Latten ist dabei gleichmäßiger verteilt als bei einem gerundeten Achterliek so sagt man jedenfalls.

Marco schneidert Sturmfocks zusammen und ich bin überrascht, dass die bei viel Wind so gut stehen, denn für mich nähen sie einfach die Bahnen aneinander. Eine minimale Rundung zwischen der ersten und der zweiten Bahn bringt die Form für das feine Profil.

Mayenne macht den ganzen Tag Reparaturen, eine wahrhafte Herausforderung bei manchen Schäden.

Einige der Segel wären für mich nicht mehr reparabel, aber es geht doch einiges mehr als ich dachte.

Das Segel z.B. ein Spi wir mit der beschädigten Stelle mit großen Nadel auf dem Schürboden festgesetzt so das es flach auf dem Boden aufliegt, dann wird neues Material mit doppelseitigem Klebeband festgeklebt und dann vernäht, hört sich einfach an, ist aber nichts was man an Bord mal so eben machen kann.

Meine Fingerkuppen sind ganz gut perforiert von den vielen abrutschern beim auftrennen der Lattentaschen, aber auch an das Stehen, Hocken oder über den Boden robben ist gewöhnungsbedürftig für jemanden der die letzten Jahre überwiegen sitzende Tätigkeiten ausgeübt hat.

Nachmittags stehen wir vor der Segelmacherei in der Sonne und trinken Kaffee, oft erweitert sich die Runde um Besucher der Segelmacherei, die Hände werden geschüttelt und die Besucher, die offensichtlicht gut mit dem Team bekannt sind, haben Teil an den Gesprächen.

 Wieder in der Segelmacherei habe ich es oft, dass mir die Besucher bekannt vorkommen und ich frage Thomas wer war das, oder war das etwa....?

Ein paar Wochen länger in der Segelmacherei und ich hätte sie wohl alle kennengelernt, die französischen Segelhelden.

In Lorient kommt mir ein Porsche ohne Dach entgegen, ich könnte schwören das es Vincent Riou gewesen ist, auch den Porsche fährt er einhand. Aber das die Stars Autos ohne Dach fahren müssen zeigt uns wie hart das Regatta-Geschäft tatsächlich ist.

Thomas Coville fährt einen Citroen mit Sobedo Werbung darauf. Die Minimalisti fahren meinst kleine Lieferwagen ohne Werbung bis der Sponsor da ist.

Leute kommen vorbei um „Jaque Vabre“ Werbung auf ihr Großsegel zu kleben. Die Folien sind knapp 1 m² groß. Der erste Versuch geht natürlich gleich daneben, die Folie verklebt sich miteinander und macht Falten und Blasen.

Brice assistiert seinem verzweifeltem Kunden. Die großen Aufkleber werden in fünf Teile geschnitten und dann stückweise auf das Segel aufgebracht, dabei wird das Segel mit großen Nadeln flach auf dem Schürboden gehalten. Bei den Preisen die so ein Großsegel kostet wäre es für mich ein absolutes Tabu gewesen so ein Segel mit Nadeln die die Größe von Nägeln haben zu durchlöchern, aber so wird es gemacht.

Das faszinierernste Material von allen ist für mich Trilam, die Polyesterfäden werden im Verlauf der Kraftlinien orientiert. Dieses Material gibt es nicht von der Rolle sondern wird für jedes Segel individuell angefertigt, nach dem jeweils vorgegebenen Schnitt.

Die Verstärkungen und Verbindungen der Bahnen werden mit einem fiesen Zweikomponenten-Kleber zusammengefügt und dann vernäht. Trilam Segel sind sehr leicht, so wiegt ein Minigroßsegel 10,5 Kg im Vergleich zu einem gewebten Square Pentex Groß das bei 14 Kg. liegt.

 

Der Open 40 den ich im Hafen gesehen habe gehört Pascal, der 2003 den Minitransat gesegelt hat. Den Open 40 hat er in den letzten zwei Jahren selbst gebaut, hätte er das nicht erzählt, ich hätte auf einen professionellen Werftbau getippt. Ich bin so beeindruckt das ich nicht mal ein Foto gemacht habe.

 Zum 11 jährigen bestehen der Segelmacherei gibt es Abends ein Essen, hier lerne ich Francois kennen, der zum Hydropter Team gehört. Er ist so Mitte Ende 50 und hat eine faszinierende Ausstrahlung. Wir haben den Abend viel Spaß in unserer Ecke hinten am Tisch, das nach dem Essen die anderen dazurücken.

Neben der genialen Gesellschaft gibt es auch noch ein phantastisches Essen das mit Creme Bruler abgeschlossen wird.

Später finden wir uns in einer verrauchten Bar am Hafen wieder, die in Reichweite meines Hotels liegt. Das Grimbergen Bier hat es in sich, ich trinke zwar nur eins, aber mein französisch ist nach diesem einen besonders gut.